Tilidin und Alkohol

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Aktualisiert am: 18.02.2021
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Tilidin und Alkohol: alles Wichtige in 30 sec.

  • Tilidin und Alkohol sollten aufgrund ihrer Wechselwirkungen nicht miteinander kombiniert werden.
  • Ebenso wie Alkohol überwindet Tilidin die Blut-Hirn-Schranke und beeinflusst neuronale Abläufe im zentralen Nervensystem.
  • Bei Alkoholkonsum verursacht Tilidin eine intensivere Rauschwirkung und eine schnellere Trunkenheit.
  • Für Alkoholiker ist der Tilidin-Konsum besonders gefährlich, da das Suchtgedächtnis durch das Medikament angesprochen wird.
  • Opioid-Analgetika sind zur Schmerztherapie von Alkoholikern nicht zu empfehlen; es müssen andere Bewältigungsstrategien gewählt werden.
  • Eine durch Alkohol entstandene Polyneuropathie kann durch eine Abstinenz gelindert werden.
Inhalt

Hände weg vom gemeinsamen Konsum!

Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen. Statistiken zufolge können rund 17 Prozent der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik ihr Leiden nur mithilfe von Schmerzmitteln mildern. Während manche Patienten mit Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol relativ gut eingestellt sind, bewirken bei anderen Menschen selbst hohe Dosen dieser Analgetika keine schmerzlindernde Wirkung. Bei mittelstarken bis starken Schmerzen verordnen daher viele Ärzte Medikamente mit dem Wirkstoff Tilidin, der bei Missbrauch und längerer Einnahme und Dosissteigerung schnell in eine Tilidin-Abhängigkeit führen kann. Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die gesundheitlichen Risiken, die bei einer gleichzeitigen Einnahme von Alkohol entstehen.

Was verbirgt sich hinter dem Arzneistoff Tilidin?

Genauso wie Tramadol oder Morphin gehört Tilidin in die Gruppe der synthetischen Opioide, besitzt aber im Vergleich zu Morphium eine fünfmal schwächere schmerzstillende Wirkung. Dementsprechend zählen Medikamente wie Valoron N® sowie die zugehörigen Generika zu den Opioid-Analgetika. Weil die Zahl der möglichen Nebenwirkungen, die Gefahr einer Abhängigkeit und das Missbrauchsrisiko besonders bei Jugendlichen sehr hoch sind, fallen schnell freisetzende Darreichungsformen wie Tilidin-Tropfen unter das Betäubungsmittelgesetz und dürfen nur unter Vorlage eines BtM-Rezepts in der Apotheke ausgehändigt werden.

Die Wirkung des Schmerzmittels basiert auf der Beeinflussung neuronaler Abläufe. So überwindet der enthaltene Arzneistoff wie andere Opioide die Blut-Hirn-Schranke und dockt an spezifischen Rezeptoren im zentralen Nervensystem des Patienten an. Dadurch werden die Ausschüttung von Hormonen und die Weiterleitung von Signalen im Körper verändert. Nach der Einnahme werden Schmerzen binnen kurzer Zeit als weitaus weniger intensiv wahrgenommen. Viele Betroffene, die unter chronischen Schmerzen leiden, verspüren durch die Einnahme häufig zum ersten Mal nach vielen Jahren eine komplette Schmerzfreiheit und möchten die Einnahme aufgrund ihrer deutlich gestiegenen Lebensqualität dauerhaft fortsetzen. Das Schmerzmittel Tilidin sollte aufgrund des hohen Suchtpotenzials und möglicher Entzugserscheinungen nur für eine kurze Zeit verordnet und eingenommen werden.

Kann Tilidin die Wirkung von Alkohol verstärken?

Genauso wie das Analgetikum entfaltet Alkohol seinen Einfluss im zentralen Nervensystem des Menschen. Er besitzt eine ähnlich dämpfende Wirkung und sorgt dafür, dass bestimmte Reize und Signale nicht oder nur noch in abgeschwächter Form übertragen werden. Wenn Alkohol und Tilidin im zentralen Nervensystem gemeinsam auf den Neurotransmitter-Stoffwechsel einwirken, können sich unkontrollierbare und nicht vorhersehbare Wechselwirkungen ergeben. Diese führen in aller Regel zu einer Verstärkung der Wirkung. So erleben Menschen, die Tilidin-Präparate nehmen und anschließend Alkohol trinken, meist eine sehr viel intensivere Rauschwirkung und einen schnelleren Trunkenheitszustand.

Besonders gefährlich ist dies für „erfahrene Trinker“, die unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen. Selbst wenn sie es gewohnt sind, dass sie nach einem Bier noch problemlos am Steuer eines Autos sitzen können, ist es möglich, dass die Folgen des Mischkonsums mit dem Opioid ihre Reaktionsfähigkeit und ihr Urteilsvermögen so weit herabsetzen, dass sie im Straßenverkehr zu einer großen Gefahr werden. Die beschleunigte und verstärkte Wirkung des Alkohols kann aber auch außerhalb des Straßenverkehrs verheerende Konsequenzen haben und sich in einer enorm angestiegenen Risikobereitschaft und einem eingeschränkten Urteilsvermögen äußern.

Was passiert bei der Einnahme von Tilidin und Alkohol außerdem?

Beim gleichzeitigen Konsum von Alkohol und Tilidin-haltigen Tropfen oder Tabletten können sich umgekehrt aber auch die Nebenwirkungen des Arzneimittels verstärken. Dies bedeutet ein größeres Risiko für Übelkeit und Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, Schwindel, Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Ebenfalls können Halluzinationen, Stimmungsschwankungen, Zittern oder Muskelzuckungen vermehrt auftreten. Darüber hinaus ist es möglich, dass die dämpfende Wirkung beider Substanzen zunimmt und so stark ausgeprägt ist, dass die Atemtätigkeit des Patienten beeinträchtigt wird. Dadurch kann eine Atemdepression eintreten, die schlimmstenfalls einen Atemstillstand nach sich zieht. In besonders schwerwiegenden Fällen kann der Mischkonsum zu Koma und Tod führen.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die hohe Belastung für die Leber. Schließlich handelt es sich bei Tilidin um eine sogenannte Prodrug. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Wirkstoff erst von der Leber verstoffwechselt werden muss, damit die intendierte Wirkung als Schmerzmittel einsetzen kann. Diese Verstoffwechselung in das schmerzwirksame Nortilidin dauert in der Regel rund 10 bis 20 min. Wird gleichzeitig Alkohol konsumiert, der ebenfalls über die Leber abgebaut wird, kann es passieren, dass sich der Wirkungseintritt des Medikaments unter Alkoholeinfluss verzögert. Dies birgt die Gefahr, dass Betroffene die Dosis eines Präparats ohne den Opioidantagonisten Naloxon bis hin zur lebensbedrohlichen Überdosierung eigenmächtig erhöhen.

Auch das Suchtrisiko steigt bei einem kombinierten Konsum von Tilidin und Alkohol rasant an. Schließlich bergen Opioide und Alkohol bereits als alleinige Substanz ein sehr hohes Suchtpotential – Menschen, die beide Stoffe gemeinsam einnehmen, müssen damit rechnen noch schneller abhängig zu werden. Das betrifft nicht nur Patienten, die regelmäßig eine hohe Dosis konsumieren, sondern kann bereits bei niedriger Dosierung und geringen, kontinuierlich zugeführten Alkoholmengen passieren.

Warum ist Tilidin für Alkoholiker besonders gefährlich?

Tilidin-Tropfen und -Tabletten werden heutzutage in der Regel mit Naloxon versetzt. Hierbei handelt es sich um eine Substanz, die in richtiger Dosierung die rauscherzeugende Wirkung des Opioids aufhebt. Dies soll einerseits Überdosierungen verhindern, andererseits der missbräuchlichen Verwendung des Stoffs als Droge entgegenwirken. Im Gegensatz zu vielen anderen Substanzen, bringt es also keine Wirkverstärkung, die Dosis regelmäßig zu steigern; der gewünschte euphorisierende Kick bleibt trotzdem aus.

Für Alkoholiker ist dieser Effekt jedoch irrelevant, da ihr Suchtgedächtnis alleinig durch die Einnahme von Tilidin-Tropfen getriggert wird und ähnliche Hirnareale wie beim Alkoholkonsum angesprochen werden. Selbst ein seit Jahren trockener Alkoholiker kann binnen kürzester Zeit rückfällig werden. Ebenso ist die Entstehung von Mehrfachabhängigkeiten möglich.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Alkoholkranke mit starken Schmerzen?

Nach dem WHO-Stufenschema für Schmerzmittel werden gegen mittelstarke bis starke Schmerzen vom behandelnden Arzt meist Opioidanalgetika – darunter auch Tilidin – verordnet, die ein hohes Suchtrisiko beinhalten und vielfach Wechselwirkungen mit Alkohol hervorrufen. Für Alkoholkranke sind Analgetika der Stufen 2 und 3 daher nicht geeignet. Vielmehr müssen alternative Schmerzbewältigungsstrategien entwickelt werden. In erster Linie ist hier die multimodale Schmerztherapie zu nennen, die den Schmerz ganzheitlich behandelt und als eine der effektivsten Schmerztherapien gilt. Hauptanliegen der Therapie ist das Verlernen schmerzbedingter Verhaltensmuster und die Schwächung des Schmerzgedächtnisses.

Vielfach entstehen die Schmerzen aber auch durch die Alkoholsucht selbst, sodass der Verzicht auf Alkohol dem Patienten eine maßgebliche Erleichterung verschaffen kann. So entwickeln viele Alkoholkranke früher oder später eine sogenannte Polyneuropathie, d. h. eine Erkrankung des Nervensystems, die in der Regel mit starken Schmerzen verbunden ist. In einem solchen Fall kann langfristig nur eine nachhaltige Abstinenz – möglichst durch einen qualifizierten Alkoholentzug – Linderung verschaffen.

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